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Wir können es uns heute vor allem in den Großstädten überhaupt nicht mehr vorstellen, dass man früher keine Hausnummern zur Kennzeichnung seiner Adresse hatte. Man kannte sich eben einfach. Die Häuser wurden mit Familienwappen und Handwerksschildern gekennzeichnet. Oft wurde dem Haus ein Name gegeben, was zum Beispiel dazu führte, dass es in der Wiener Innenstadt sechs Häuser „Zum goldenen Adler“ und in den Vorstädten noch einmal 26 so benannte Häuser gab. Das führte dazu, dass nicht nur Fremde sich total verirrten, sondern auch Dienst- und Postboten verwirrt waren und nicht mehr die richtigen Personen fanden. Im Zuge von Volkszählungen, Steuern und anderen Ordnungs- und Gewaltfunktionen des Staates wurde die Einführung einer eindeutig identifizierbaren Adresse also irgendwann unumgänglich.

Kurze Geschichte der Hausnummern

Auch wenn die durchgehende und flächendeckende Nummerierung der Häuser zur eindeutigen Orientierung, Adressierung und Auffindbarkeit eines Gebäudes erst im 18. Jahrhundert begann, gab es schon frühere Vorläufer dieser Art der Kennzeichnung der Häuser. Auf der Pariser Pont Notre-Dame waren schon im 15. Jahrhundert rund 60 Häuser mit Nummern versehen. Im Jahr 1519 nummerierten die Augsburger Mitglieder der Fuggerei ihre Gebäude.

Alles begann in Paris

Als eine Schlüsselfigur in der Geschichte der Hausnummern gilt Martin Kreenfelt de Storcks. Er gab in Paris den Almanach de Paris heraus und orientierte sich dabei an den Straßenlaternen in Paris, die mit Nummern versehen waren. Doch ein richtiges System konnte er nicht erkennen. So griff er zu Leiter, Pinsel und Farbeimer und zog nachts durch die Straßen von Paris, um den über den Haustüren Nummern auf die Wände zu malen. Und Paris war es dann auch, die als erste Stadt ganz offiziell begann, ihre Häuser zu zählen. Um die Erhebung der Grundsteuer zu erleichtern, wurden die Straßenzüge zu Sektionen zusammengefasst und mit zweifarbigen Schildern versehen. Noch heute gibt es diese, die neben der eigentlichen Hausnummer noch die Ziffer des Arrondissements haben.

 Pariser Hausnummer

Auch in den anderen Ländern Europas diente die Einführung der Hausnummern nicht einfach Orientierungszwecken für die Post, Fremde und Dienstboten, sondern war Mittel zum Zwecke des staatlichen Zugriffs auf seine Untertanen. Nicht nur die Erhebung von Steuern, auch die Rekrutierung wehrpflichtiger Männer, Volkszählungen oder die Brandschutzversicherung zum Beispiel steckten hinter der Nummerierung der Gebäude in den Städten. Diese neue Kennzeichnungswut gipfelt sogar darin, dass zum Beispiel Häuser von Juden mit römischen statt arabischen Ziffern gekennzeichnet wurden. Bei den Bürgern waren die neuen Hausnummern alles andere als beliebt. Sie kratzten sie von den Wänden, bewarfen und beschmierten sie mit Schmutz und Abfällen, Adlige echauffierten sich, dass ihre Hausnummer erst nach der eines rangniederen Bürgers genannt wurde und viele Bürger gaben statt ihrer offiziellen Nummer einfach weiterhin ihren Hausnamen an.

Heute haben wir ein ganz anderes Verhältnis zu den Hausnummern und suchen für unser Eigenheim nach ganz besonders schönen Modellen für die Kennzeichnung unseres Wohnsitzes. Schon lange malen wir nicht einfach nur Ziffern an die Wände, sondern es gibt viele Varianten von Hausnummern in Form und Farbe, einzelnstehende Ziffern oder Schilder, mit oder ohne Straßennamen oder Beleuchtung geben uns die Möglichkeit, unser Zuhause ganz individuell zu nummerieren.

Hausnummern-Systeme

Wir begegnen in Europa und sogar innerhalb Deutschlands ganz unterschiedlichen Systemen der Hausnummerierung. Vielleicht waren Sie schon einmal in Berlin und fanden die Nummerierung der Gebäude in den Straßenzügen einerseits vertraut und schon nach der nächsten Abbiegung waren Sie komplett verwirrt? Das liegt daran, dass in Berlin zwei Systeme für die Nummerierung der Häuser nebeneinander existieren. Welche Nummerierungssysteme es gibt, wollen wir Ihnen in aller Kürze aufzeigen.

Die Konskriptionsnummer

Das System der Konskriptionsnummern ist die älteste flächendeckende Methode der Hausnummerierung. Hier wurden die bestehenden Häuser einer Stadt einfach durchnummeriert. Danach bekam jedes neu hinzugekommene Haus einfach die nächste Nummer in der Folge. Den Nummern vorangestellt wurde nur der Name der Ortschaft oder Stadt. Wie Sie sich vorstellen können, wurde dieses System beim Wachstum der Ortschaften immer undurchsichtiger, so dass man dazu überging, die Häuser entlang der Straßen zu nummerieren, was deutlich zu einer besseren Orientierung beitrug. Straßen bekamen in diesem Zusammenhang auch durchgängig Namen, was vorher durchaus nicht immer der Fall war. Es gibt aber, wie immer, auch Ausnahmen. In der Stadt Barkenberg zum Beispiel wurde das Konskriptionsnummern-system erst im späten 20. Jahrhundert abgeschafft – nachdem ein Mann verstarb, weil der Rettungswagen sein Haus nicht finden konnte.

Orientierungsnummerierung

Die Umstellung auf die Hausnummern entlang von Straßen brachte im Großen und Ganzen zwei Ordnungssysteme hervor: die Hufeisennummerierung und die Orientierungsnummerierung, auch Zickzackprinzip genannt. Die Orientierungsnummerierung wurde im Jahre 1805 in Paris eingeführt, weshalb sie auch gern einmal als das Pariser System bezeichnet wird. Dieses Prinzip kennen sicherlich die meisten unter Ihnen. Die rechte Straßenseite führt hierbei die geraden und die linke Seite die ungeraden Hausnummern. Was rechts und was links ist, bestimmt der Uhrzeigersinn oder bei radialen Straßen der Ortskern. Auch hier gibt es in Deutschland wieder eine Ausnahme. In Düsseldorf laufen die geraden Hausnummern an der linken Straßenseite entlang und die Ausrichtung bei radialen Straßen orientiert sich an den Himmelsrichtungen.

Die Hufeisennummerierung

Im Königreich Preußen wich man von der Orientierungsnummerierung ab und gab den Häusern an den Straßen fortlaufende Nummern. Sie liefen an der rechten Straßenseite nach oben und am Ende, dann drehten sie und liefen entgegengesetzt auf der linken Seite einfach weiter. Die Nummerierung ergibt so die ungefähre Form eines Hufeisens. In den meisten Städten und Gemeinden des ehemaligen preußischen Gebietes gab es keinen dringenden Anlass, dieses System wieder abzuschaffen und auf die Orientierungsnummerierung umzusteigen. Deshalb finden wir es auch heute noch häufig. Einige Gäste in Bundesländern, Städten und Gemeinden des ehemaligen Preußens brauchen oft eine ganze Weile länger, um die richtige Hausnummer zu finden, da sie dieses ungewohnte System sehr verwirrt.

Berliner Hausnummern- HufeisennummerierungIn Berlin wird es dann noch richtig irreführend. Hier existieren beide Systeme, die Hufeisennummerierung und die Orientierungsnummerierung nebeneinander. Bis zum Inkrafttreten der „Grundsätze für die Nummerierung der Grundstücke vom 15. Januar 1925“ wendete man ausschließlich das Hufeisensystem an. Dann stieg man auf die wechselseitige Nummerierung um, behielt aber die alten auch bei. Sie können sich also darauf verlassen, dass in einem Gebiet Berlins die Hausnummern wie bei Ihnen zu Hause angeordnet sind und im anderen nicht.

Auch in anderen Städten, zum Beispiel in Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern gibt es Städte, die beide Systeme verwenden, allerdings auf eine andere Art und Weise. Hier sind die Hausnummern in manchen Tangentialstraßen wechselseitig angeordnet und der Rest im Hufeisensystem. Eine große Herausforderung, vor allem für Fremde und Besucher!

Weitere Systeme von Hausnummern

Natürlich gibt es noch weitere Systeme der Hausnummern, vor allem außerhalb Europas. In den USA, Kanada, Neuseeland und Australien zum Beispiel werden die Hausnummern nach der Lage des Grundstückes vergeben. Die Entfernung des Hauses zum nächsten Stadtzentrum in Fuß kann so eine Hausnummer ergeben. Extrem hohe Hausnummern sind hier also nicht selten, eher sogar üblich. In einigen großen Städten allerdings finden sich auch europäische Hausnummernsysteme.

Besondere Hausnummern

Ganz sicher kennen Sie besondere Hausnummern wie die 10 Downing Street. Diesen Geschichten um ganz besondere Hausnummern wollen wir uns aber in einem gesonderten Artikel widmen. Oder wissen Sie, was eine grüne und die goldene Hausnummer ist? Auch das erfahren Sie im Blog von Tuerklingel-Shop. Neben den interessanten Geschichten zu berühmten oder besonderen Hausnummern gibt es aber auch noch wichtige Informationen zu den Bestimmungen über die vorschriftsmäßige Kennzeichnung Ihres Hauses, denen wir ebenso einen Artikel widmen, damit Sie immer auf dem Laufenden sind.

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